Holocaust Vergleich in der Tierrechtsarbeit?

Holcoaust Vergleich im veganen Outreach YouTube-Link zum Video

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Häufige Fragen zum Holocaust-Vergleich

Ist der Vergleich technisch möglich? Ja, man kann Parallelen in Systemen der Unterdrückung finden. Allerdings gibt es mindestens genauso viele fundamentale Unterschiede. Der Vergleich wird der Komplexität beider Themen nicht gerecht und führt oft - gewollt oder ungewollt - zu einer Relativierung des Holocausts.

Warum nicht den Vergleich nutzen, wenn er doch stark ist?

  • Er ist für effektiven Outreach kontraproduktiv
  • Er spielt (ungewollt) Holocaust-Leugner*innen und Antisemiten in die Hände
  • Er verleitet dazu, Leid gegeneinander aufzurechnen
  • Die vermeintlichen Vorteile wiegen die Risiken nicht auf

Was, wenn mich die Bilder selbst daran erinnern? Das ist nachvollziehbar und legitim. Wir können und sollen aus historischen Verbrechen und anderer Unterdrückung lernen. Aber für die aktive Tierrechtsarbeit und Kommunikation mit anderen Menschen gibt es effektivere Wege, die nicht riskieren, den Holocaust zu relativieren.

Fazit Unser Ziel ist es, effektiv für Tierrechte einzutreten. Der Holocaust-Vergleich lenkt von diesem Ziel ab und birgt die Gefahr, eine problematische Sprache zu normalisieren. Das andauernde Leid der Tiere ist für sich genommen erschütternd und groß genug.

Hier findet ihr im Video genannte Quellen sowie weiterführende Materialien:

Kernthema Holocaust-Vergleich

Theoretische Grundlagen

  • Erinnern als höchste Form des Vergessens? (Um-)Deutungen des Holocaust und der „Historikerstreit 2.0" - die im Video genannte Empfehlung von Isolde Vogel.
    Hilfreich auch, um die Argumentation von Befürworter*innen in Kontext zu setzen, die behaupten, ein Holocaust-Vergleich bei den Tieren sei hilfreich, “um daran zu erinnern und vor weiteren zu schützen, da ja darüber gesprochen werden können muss”(?)

  • Impfablehnung und Antisemitismus im völkischen Denken - VideoGespräch mit Isolde Vogel
    Dieses Video hat mir geholfen, klassisch rechtes Denken und dessen ‘gutgemeinte’ Grundlagen besser zu verstehen. Es zeigt auch, wie ein ‘Eliten-Denken’ und ‘Verschwörungsgläubigkeit’ - wie sie z.B. bei der Leitung von Anonymous for Voiceless gut belegt ist (Link mit Belegen) - dazu führen kann, dass sich rechtes Gedankengut leicht zu Hause fühlt.

  • Vier Beine gut, zwei Beine schlecht von Mira Landwehr. Das Buch behandelt u.a. die Holocaust-Vergleiche in der Tierszene und das „Hauptsache für die Tiere!" Denken und Sprechen.

  • Beasts of Burden - Essentiell für das Verständnis der Kritik an Peter Singer und der Intersektionalität von Unterdrückung. Das Buch hinterfragt das problematische Denken, die “Lebenswertigkeit” von jemandem (ganz gleich ob Tier oder Mensch) von dessen Fähigkeiten abhängig zu machen.
    Eine Zusammenfassung der Kernpunkte findet ihr in diesem YouTube Video.

Rechte Unterwanderung und deren Mechanismen

  • Tierbefreiung - Ausgabe 98 - Rechte Strukturen zerschlagen
    Eine wichtige Quelle zum Verständnis rechter Unterwanderung in der Tierbewegung: Wie sie funktioniert, warum sie funktioniert und wie aus rechtem Nazi-Denken auch Veganismus folgen kann. Besonders hilfreich, um die Relevanz einer klaren Haltung gegenüber Holocaust-relativierenden Aussagen zu verstehen.
    Vor allem wenn die Argumentation für den Holocaust-Vergleich von Gruppen kommt, die gleichzeitig mit rechtsoffenem Denken auffallen.

  • Grüne Braune - Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von Rechts von Peter Bierl
    Zeigt die historischen und aktuellen Verbindungen zwischen rechtem Denken und Naturschutz auf - besonders relevant um zu verstehen, wie Tierrechte und Ökologie von rechts vereinnahmt werden können.

  • Alternativ und Rechts - Am Beispiel der Querdenker-Bewegung wird gezeigt, wie sich rechtes Gedankengut in alternativen Szenen sammeln kann. Fazit des Deutschlandfunks: “Rechtes Denken beginnt nicht erst mit der NPD-Mitgliedschaft, sondern kann auch in alternativen, sich als links verortenden Milieus auftauchen.”

  • The Alt-Right Playbook: How to Radicalize a Normie - Eine Analyse rechter Indoktrinierungstechniken am Beispiel des “A-Politisch-Seins”. Aus meiner Erfahrung und den Berichten vieler anderer werden diese Techniken bei Anonymous for the Voiceless angewandt - ob bewusst oder unbewusst lässt sich dabei nicht sagen. Besonders bei Menschen, die tiefer in das AnVoi-Denken eintauchen, scheinen diese Mechanismen stark zu greifen.
    Das Video bietet zwar keine direkte Lösung, kann aber helfen, diese Techniken und Mechanismen zu verstehen und ihre Wirkung auf Menschen nachzuvollziehen.
    Der Holocaust-Vergleich (und das Beharren darauf) sowie jede Relativierung fundierter Gegenkritik - wie etwa “Wir vergleichen ja nicht, wir stellen nur gegenüber” oder “dann nennen wir es halt nicht mehr Holocaust, sondern etwas anderes, das aber eigentlich trotzdem auf dem Holocaust-Vergleich aufbaut” - ist eine konkrete Technik in der Tierrechtsszene die in das Muster fällt und deren Grundfunktion in diesem Video erläutert wird.

  • Spiegel-Artikel: Wie die AfD ohne rechte Influencer nicht funktioniert - Manche Menschen könnten hier Parallelen zu den AnVoi-Influencer*innen erkennen…

Allgemeine Mechanismen

Video-Zitat-Quellen        Aufklappen →

Aktuelle Ergänzung 2.Januar 2024: Rechte Sprache und Holocaust-Relativierung

Die jüngste Correctiv-Recherche zu rechtsextremen Netzwerken zeigt erschreckend deutlich, wie wichtig die Auseinandersetzung mit Sprache und Holocaust-Relativierung ist. Bei Minute 38 werden konkrete rechte Unterwanderungstechniken erklärt - ein Ziel ist natürlich noch immer auch den Holocaust zu relativieren und die Grenze des Sagbaren durch sympathisches Auftreten und ‘harmloserere’ Formulierungen zu verschieben. Auch wenn es bei diesem Treffen rechter Kräfte hauptsächlich um ‘Remigration’ ging.

‘Vergleichbares’ Sprechen zu diesem ‘rechten Playbook’ zeigt sich konkret in einem aktuellen Podcast, wo bei Minute 52 betont wird: “Wir wollen nicht gleichsetzen, wir wollen Parallelen ziehen, gegenüberstellen.” Kurz darauf (55:26) wird gefordert, dass “der Begriff Holocaust genutzt werden sollte”, auch wollte damit “in die Offensive” gegangen werden. Und falls das Wort selbst nicht genutzt wird, “sollen explizit Vergleiche gebracht werden”.
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Besonders problematisch wird es, wenn der Holocaust-Vergleich als moralische Pflicht dargestellt wird. So heißt es in Minute 57:10 wörtlich: “Es ist nicht nur okay, das zu vergleichen, sondern auch aus der Sicht der Opfer (…) unsere moralische Pflicht diese Vergleiche zu ziehen, wenn unser Ansinnen ist, dass so etwas [der Schrecken der Nazis] nicht noch mal passiert.”
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Diese Argumentation mag gut gemeint sein und aus ehrlicher Überzeugung kommen. Doch wenn eine sympathische Person mit Nachdruck erklärt, dass zur Verhinderung der Schrecken der Nazi-Herrschaft der Holocaust-Vergleich (oder “Parallelen” oder “Gegenüberstellungen”) genutzt werden “müssen”, spielt dies - ob beabsichtigt oder nicht - genau den Techniken in die Hände, die wie bei der aktuellen Correctiv-Recherche gezeigt, von Rechtsextremen und Nazis zur Verschiebung des Sagbaren eingesetzt werden.

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